Technologieforum Laser Photonik

Glas 3-D gedruckt ohne Sintern

Das Drucken von aus reinem Siliziumdioxid bestehendem Quarzglas in mikro- und nanometerfeinen Strukturen eröffnet neue Möglichkeiten für viele Anwendungen in Optik, Photonik und Halbleitertechnik. Doch bis jetzt dominieren dabei Techniken, die auf dem herkömmlichen Sintern basieren. Die für das Sintern von Siliziumdioxid-Nanopartikeln erforderlichen Temperaturen liegen über 1100 °C – zu heiß für das direkte Abscheiden auf Halbleiterchips. Ein Forschungsteam unter Leitung von Dr. Jens Bauer vom Institut für Nanotechnologie (INT) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat zusammen mit Kolleginnen und Kollegen von der University of California Irvine und dem Medizintechnikunternehmen Edwards Lifesciences in Irvine nun ein neues Verfahren entwickelt, um transparentes Quarzglas hoher Auflösung und hervorragenden mechanischen Eigenschaften bei deutlich niedrigeren Temperaturen herzustellen.

Ohne Sintern zur Glasstruktur

Als Ausgangsmaterial dient ein laut den Wissenschaftlern eigens entwickeltes hybrides organisch-anorganisches Polymerharz. Dieses flüssige Harz besteht aus sogenannten polyedrischen oligomeren Silsesquioxan-Molekülen (POSS): Das sind käfigartige Siliziumdioxidmoleküle, die mit organischen funktionellen Gruppen versehen sind. Das Herstellungsverfahren erklären die Forscher wie folgt: Sobald die vollständig in 3-D gedruckte und vernetzte Nanostruktur geformt ist, wird sie an der Luft auf eine Temperatur von 650 °C erhitzt. Dabei werden die organischen Komponenten ausgetrieben, und gleichzeitig verbinden sich die anorganischen POSS-Käfige, sodass eine durchgehende Mikro- oder Nanostruktur aus Quarzglas entsteht. Die erforderliche Temperatur ist nur halb so hoch wie bei Verfahren, die auf dem Sintern von Nanopartikeln beruhen.

Nanophotonik mit sichtbarem Licht

„Die niedrigere Temperatur erlaubt es, robuste, transparente und frei geformte optische Glasstrukturen direkt auf Halbleiterchips zu drucken, und zwar mit der für die Nanophotonik mit sichtbarem Licht erforderlichen Auflösung“, erklärt Bauer. Neben der ausgezeichneten optischen Qualität, so die Wissenschaftler, weist das so hergestellte Quarzglas hervorragende mechanische Eigenschaften auf, hält schwierigen chemischen oder thermischen Bedingungen stand und lässt sich leicht verarbeiten. Das Team aus Karlsruhe und Irvine druckte nach eigenen Angaben mit dem POSS-Harz viele verschiedene Strukturen im Nanomaßstab, darunter photonische Kristalle aus freistehenden, 97 nm starken Balken, parabolische Mikrolinsen und ein mehrlinsiges Mikroobjektiv mit nanostrukturierten Elementen.

Originalpublikation
[J. Bauer, C. Crook, and T. Baldacchini: A sinterless, low-temperature route to 3D print nanoscale optical-grade glass. Science, 2023. DOI: 10.1126/science.abq3037; Abstract unter https://www.science.org/doi/10.1126/science.abq3037]

Informationen zum Exzellenzcluster 3DMM2O

 

Quelle: www.kit.eu

Bild: Dr. Jens Bauer, KIT



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