Technologieforum Laser Photonik

Krankheiten leichter und kosten­günstiger diagnostizieren

Spätestens seit der Corona-Pandemie kennen wir die kleinen Kassetten mit dem sich verfärbenden Zellstoff, die uns innerhalb weniger Minuten die Frage nach positiv oder negativ beantworten. Beim SARS-CoV-2-Schnelltest zeigen sie an, ob ein bestimmtes Protein der Coronaviren in der Probenflüssigkeit, dem Reagenz, vorhanden ist oder nicht. In diesem Fall kommt ein Lateral-Flow-Assay zum Einsatz, ein Test, bei dem ein Seitwärtsfluss des Reagenzes zur Anzeige eines Ergebnisses führt. Für komplexere Tests ist dieses Detektionsverfahren nicht geeignet. Hier sind Assays gefragt, die eine bidirektionale Steuerung von Flüssigkeiten, also eine Beförderung in das Testsystem und einen Rücktransport aus dem Testsystem ermöglichen.

LED ersetzt Pumpe

Ein Forscherteam der Universität Freiburg und des INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken berichtet nun über ein neues Testverfahren, in dem aufwendige mechanische Pumpen durch einfache und billige Leuchtdioden (LEDs) ersetzt wurden. Diese OptoAssays ermöglichen damit die bidirektionale, lichtinduzierte Bewegung von Biomolekülen und das Auslesen von Testergebnissen ohne zusätzliche mechanische Waschschritte. Abgeschaut haben sich die Forschenden diese Methode in der Natur bei der Reaktion von Pflanzen auf Licht, die auf einem ähnlichen Prinzip beruht. Jede Zelle hat einen Zellkern, in dem ihr genetischer Code gespeichert ist. Die DNA enthält das ‚Programm‘ der Zelle, das angibt, was die Zelle tun soll. Um dieses Programm zu aktivieren oder abzuschalten, müssen bestimmte Proteine in den Zellkern hinein- und wieder hinausgelangen.

Reagenzientransport per Lichtschalter

Professsor Wilfried Weber, Synthetischer Biologe und Wissenschaftlicher Direktor des INM erklärt den Mechanismus. „Im Cytoplasma der Zelle, dem Bereich, der den Zellkern umgibt, befindet sich ein Fotorezeptor, der sich durch Licht steuern lässt. Wenn er rotes Licht empfängt, wird er aktiviert und dockt an ein Bindeprotein an. Dadurch transportiert das Bindeprotein den Fotorezeptor huckepack in den Zellkern hinein. Damit wird im Zellkern zum Beispiel ein Wachstumsprogramm gestartet. Sobald die Wellenlänge des Lichts auf Dunkelrot umschaltet, wird diese Bindung wieder unterbrochen.“
Ein OptoAssay nutzt einen Sender- und Empfängerbereich, die durch das Hinzufügen der Testreagenz in Kontakt gebracht werden. Im Senderbereich befindet sich ein spezielles Protein, das auf Licht reagiert. Es kann bestimmte Moleküle binden oder wieder loslassen, je nachdem, welche Art von Licht es einfängt. Sendet eine LED rotes Licht mit einer Wellenlänge von 660 Nanometern aus, binden die Moleküle an das Protein. Wenn auf dunkelrotes Licht mit einer Wellenlänge von 740 Nanometern umgeschaltet wird, trennen sich die Moleküle wieder vom Protein. Im Empfängerbereich befinden sich Antikörper, die speziell darauf ausgelegt sind, das gesuchte Protein in der Testreagenz zu erkennen und festzuhalten.

Erstmals nachhaltige Komponenten

Doch der Bezug zur Natur ist nach Angaben der Forschenden nicht nur über die Methode gegeben. Die Fotorezeptoren im OptoAssay, die die Reagenzien freilassen, sind im Gegensatz zu den sonst verwendeten Pumpen aus natürlichen Materialien hergestellt. Gene, die die Informationen für den Fotorezeptor der Pflanzenzelle enthalten, werden aus der Pflanze entnommen und in Bakterien eingebracht. Diese Bakterien produzieren dann den Fotorezeptor und das Bindeprotein, die im OptoAssay zum Einsatz kommen. Die ursprünglich mechanischen Bauteile sind somit durch nachhaltig herstellbare natürliche Komponenten ersetzt.

Für die Vor-Ort-Diagnostik

Großes Potenzial sieht das Forschungsteam für den Einsatz von OptoAssays in der Vor-Ort-Diagnostik, also auch außerhalb des Labors, ähnlich wie bei Lateral-Flow-Assays. „OptoAssays können einfach in Verbindung mit Smartphones gesteuert und ausgelesen werden und künftig externe Durchflusskontrollsysteme wie Pumpen und Signalauslesegeräte überflüssig machen“, erklärt Dr. Can Dincer von der Universität Freiburg. „Damit ebnen sie den Weg für neue Diagnosegeräte, die kostengünstige und unkomplizierte Analysen direkt vor Ort und auch in ressourcenarmen Umgebungen ermöglichen.“

Originalpublikation:
[Nadine Urban et al. ,OptoAssay – Light-controlled dynamic bioassay using optogenetic switches. Sci. Adv. 10, eadp0911 (2024). DOI:10.1126/sciadv.adp0911]

 

Quelle: www.leibniz-inm.de

Bild: Bild: Lars Knaack, INM

 



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