Technologieforum Laser Photonik

Mit neuer Ionenfalle zu größeren Quantencomputern

Forschern der ETH Zürich ist es gelungen, Ionen mittels statischen elektrischen und magnetischen Feldern einzufangen und an ihnen Quantenoperationen vorzunehmen. Mit solchen Fallen könnten Quantencomputer mit deutlich mehr Quantenbits als bisher realisiert werden.
Das Forscherteam unter der Leitung von Jonathan Home hat gezeigt, dass man auch mit statischen anstelle oszillierender Felder sogenannten Penning-Fallen bauen kann, die sich für Quantencomputer eignen. „Traditionell werden Penning-Fallen benutzt, wenn man für Präzisionsexperimente sehr viele Ionen einfangen will, diese aber nicht individuell kontrollieren muss“, sagt ETH-Doktorand Shreyans Jain. „In kleineren Quantencomputern mit Ionen werden dagegen Paul-Fallen eingesetzt.“
Die Idee der ETH-Forschenden, künftig auch Quantencomputer mit Penning-Fallen zu bauen, stieß zunächst auf Vorbehalte: Für Penning-Fallen braucht man extrem starke Magnete, die sehr teuer und klobig sind. Zudem waren bislang alle Penning-Fallen sehr symmetrisch, was bei den Chipfallen an der ETH nicht der Fall ist. Und führt man Experimente in einem großen Magneten durch, wird es schwierig, die zur Kontrolle der Qubits nötigen Laserstrahlen in die Falle zu leiten. Zudem vergrößern starke Magnetfelder den Abstand zwischen den Qubit-Energiezuständen. Das wiederum macht die Kontroll-Lasersysteme viel komplizierter: Anstelle eines einfachen Diodenlasers benötigt man gleich mehrere phasengekoppelte Laser.

Transport in beliebige Richtungen

Home und sein Team konstruierten eine Penning-Falle, die auf einem supraleitenden Magneten und einem mikrofabrizierten Chip mit mehreren Elektroden beruht, welcher an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig hergestellt wurde. Der verwendete Magnet liefert ein drei Tesla starkes Feld, also fast 100 000 Mal stärker als das Erdmagnetfeld. Mithilfe eines Systems von gekühlten Spiegeln gelang es den Forschenden aus Zürich, das nötige Laserlicht durch den Magneten zu den Ionen zu schleusen.
Die Mühen lohnten sich: Ein einzelnes gefangenes Ion, das mehrere Tag lang in der Falle verweilen kann, konnte nun mittels Ansteuern der verschiedenen Elektroden auf dem Chip schnurgerade und beliebig hin  und her bewegt werden – dies war bei den herkömmlichen Systemen mit oszillierenden Feldern nicht möglich. Da keine oszillierenden Felder zum Einfangen gebraucht werden, können viele solcher Fallen auf einem Chip untergebracht werden. „Wir können die einmal elektrisch aufgeladenen Elektroden sogar komplett von der Außenwelt abkoppeln und so untersuchen, wie stark die Ionen durch äußere Einflüsse gestört werden“, sagt Tobias Sägesser, der als Doktorand am Experiment beteiligt war.

Mittels Bewegen eines einzelnen gefangenen Ions in einer zweidimensionalen Ebene und Beleuchten mit einem Laserstrahl kann das ETH-Logo erzeugt werden. Das Bild kam durch Mittelwertbildung über viele Wiederholungen der Transportsequenz zustande. Bild: ETH Zürich / Institut für Quantenelektronik

 

Kohärente Kontrolle des Qubits

Die Forschenden demonstrierten außerdem, dass sich auch die Qubit-Energiezustände des gefangenen Ions kontrollieren ließen, unter Beibehaltung der quantenmechanischen Überlagerung. Diese kohärente Kontrolle klappte sowohl mit den elektronischen (inneren) Zuständen des Ions als auch mit den (äußeren) quantisierten Schwingungszuständen in der Penning-Falle sowie auch für die Kopplung zwischen inneren und äusseren Quantenzuständen. Letztere ist eine Voraussetzung für die Herstellung von Verschränkungszuständen, die für Quantencomputer wichtig sind.
Als Nächstes will Home zwei Ionen in benachbarten Penning-Fallen auf demselben Chip fangen und so nachweisen, dass auch Quantenoperationen mit mehreren Qubits ausgeführt werden können. Damit wäre dann endgültig belegt, dass Quantencomputer mit Ionen in Penning-Fallen realisiert werden können. Auch weitere Anwendungen kann sich der Professor vorstellen: Da die Ionen in der neuen Falle beliebig bewegt werden können, lassen sich mit ihnen elektrische, magnetische oder Mikrowellenfelder in der Nähe von Oberflächen messen. Dies eröffnet die Möglichkeit, solche Systeme als atomare Sensoren für Oberflächeneigenschaften zu verwenden.
Um quantisierte Zustände für Quantenbits zu erzeugen, müssen die Atome abgekühlt und an einem Ort festgehalten, also gefangen werden. Das Fangen lässt sich erreichen, indem man die Atome ionisiert, ihnen also eine elektrische Ladung gibt. Mit zeitlich konstanten elektrischen Feldern allein kann man einzelne geladene Teilchen nicht dauerhaft einfangen, das folgt aus den Gesetzen der Elektrodynamik. Fügt man dagegen ein oszillierendes elektromagnetisches Feld hinzu, erhält man eine stabile Ionen-Falle, auch Paul- Falle genannt.
Auf diese Weise ist es in den letzten Jahren gelungen, Quantencomputer mit Ionenfallen für rund 30 Qubits zu bauen. Sehr viel größere Computer sind mit dieser Technik allerdings nicht einfach zu realisieren. Die oszillierenden Felder machen es schwierig, mehrere solcher Fallen auf einem Chip zu vereinen, und sie führen zum Aufheizen der Falle – ein Problem, dass vor allem in größeren Systemen zum Tragen kommt. Zudem ist der Transport von Ionen auf gerade Linien begrenzt, die durch Kreuzungen verbunden sind.

Originalpublikation:
[S. Jain , T. Sägesser, J. Home et al.: Penning micro-trap for quantum computing. Nature (2024). DOI: 10.1038/s41586- 024-07111-x]

 

Quelle: ethz.ch

Bild: ETH Zürich / Pavel Hrmo



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