04 Apr 20-kW-Lasersystem zur Herstellung hochreiner Kristalle
Forschende aus Japan und Deutschland haben eine Methode entwickelt, um hochreine Halbleiterkristalle industrierelevanter Größe ohne Tiegel herzustellen – mit einem laserbasierten Prozess. Derartige Kristalle, ab einem Durchmesser von zwei Zoll, werden etwa für die Leistungselektronik in Elektroautos oder in der Photovoltaik benötigt. Das Team des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT in Aachen hat dafür eine prozessoptimierte Hochleistungsoptik entwickelt, die zusammen mit einem 20-kW-Laser eingesetzt wird.
Vorteile des LDFZ-Verfahrens
In der modernen Elektrotechnik müssen relativ große Leistungen schnell geschaltet werden. Die Elektronik dafür basiert auf Wide-Bandgap-Halbleitern wie zGalliumoxid (Ga2O3). Mit einem Schmelzpunkt von etwa 1800 °C lässt sich dieses Material aus der Schmelze züchten und somit einfacher herstellen als andere Wide-Bandgap-Halbleiter wie Siliziumkarbid (SiC) oder Galliumnitrid (GaN), die aufwendiger mittels sogenannter Gasphasenabscheidung gezüchtet werden. Um Galliumoxidkristalle herzustellen, werden bislang vor allem Tiegelmethoden wie das Czochralski- oder das Edge-Defined-Film-Fed-Growth-Verfahren (EFG) genutzt. Dabei ist die Reinheit des Kristalls aufgrund der die Diffusion des Tiegelmaterials beschränkt.
Eine Verunreinigung der Schmelze lässt sich vermeiden, indem man die Wärme nicht über den Tiegel, sondern in Form von Strahlung zuführt. So wird das polykristalline Ausgangsmaterial zu einem hochreinen Einkristall umgeschmolzen. Das lässt sich beispielsweise mit Heizlampen erreichen, aber anders als diese emittiert der Laser seine Strahlung langzeitstabil und nur in eine Richtung; der Wärmeeintrag erfolgt damit deutlich zuverlässiger und zielgenauer. Außerdem lässt sich beim Laser das Strahlprofil in Bezug auf den Heizprozess optimieren. Die möglichen Kristalldurchmesser skalieren hierbei mit der Heizleistung, sodass in den letzten Jahren immer stärkere Lasersysteme für das laserdiodengestützte Zonenschmelzverfahren LDFZ (Laser Diode Floating Zone) genutzt wurden.
Auf die Optik kommt es an
Laserleistungen von mehr als 5 kW sind für die Kristallzüchtung neu. Bislang werden vergleichbare Leistungen bei etablierten Lasermaterialbearbeitungsprozessen, beispielsweise zum Schneiden und Schweißen, eingesetzt. Die Optiken dafür müssen sorgfältig ausgelegt und gekühlt werden, da schon kleine Verluste von weniger als 1% bei längerem Einsatz zur Zerstörung der Optik führen können. Am Fraunhofer ILT in Aachen wurde dementsprechend eine wassergekühlte Hochleistungsoptik speziell für das LDFZ-Verfahren entwickelt. Mit dieser Optik wird die vom Laser emittierte Strahlung zunächst in fünf Teilstrahlen von jeweils maximal 4 kW aufgeteilt. Über große wassergekühlte Spiegel werden die Teilstrahlen dann so umgelenkt, dass sie um genau 72° versetzt den Kristall in der Mitte des Aufbaus gleichmäßig erhitzen.
Aufgebaut und charakterisiert wurde die Optik in Aachen, anschließend wurde sie zu den Projektpartnern nach Japan überführt. Ihre Installation fand pandemiekonform statt, der Aachener Projektleiter Dr. Martin Traub ist zufrieden: „Eine Inbetriebnahme per Videokonferenz war ein echtes Novum, hat aber gut funktioniert. Die Testphase lief erfolgreich, und das System wurde bis zum geplanten Projektende zuverlässig betrieben.“
Deutsch-japanische Spitzenforschung
Projektpartner Dr. Toshimitsu Ito vom National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) in der japanischen Wissenschaftsstadt Tsukuba hat bereits viel Erfahrung mit dem LDFZ-Verfahren gesammelt. Bei kleineren Laserleistungen ließen sich Galliumoxidkristalle bis zu einem Durchmesser von 12 mm herstellen. Mit dem neuen 20-kW-System soll sich der Durchmesser signifikant steigern lassen. Nach der Inbetriebnahme und ersten Tests zum Aufschmelzen des Galliumoxid-Rohmaterials wurden Kristallzuchtexperimente am AIST mit dem neuen LDFZ-System durchgeführt. Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen in Kürze veröffentlicht werden.
Den Projektpartnern ist es eigenen Angaben zufolge gelungen, Kristalle mit einem Durchmesser von bis zu 30 mm zu züchten – die größten Galliumoxidkristalle, die bisher mit einem tiegelfreien Züchtungsverfahren hergestellt wurden. Das Projekt wurde sowohl von japanischer als auch von deutscher Seite gefördert. Die Fraunhofer-Gesellschaft unterstützt den Aufbau einer langfristigen Partnerschaft mit exzellenten Forschungsinstituten im Ausland mit einem Programm zum »International Cooperation and Networking«, kurz ICON.
Zukünftig soll die Eignung des Verfahrens zur Herstellung anderer Metalloxide untersucht werden. Im Rahmen des vom BMBF geförderten Forschungsprojekts HIPEQ beispielsweise will man das Verfahren zur Herstellung von optischen Kristallen einsetzen.
Quelle und Bild: www.ilt.fraunhofer.de