20 Feb Diabetes untersuchen mit Hautscanner und KI
Veränderungen von kleinen Blutgefäßen sind eine häufige Auswirkung von fortschreitendem Diabetes. Forschende der Technischen Universität München (TUM) und von Helmholtz Munich haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem sich solche mikrovaskulären Veränderungen in der Haut – und damit die Schwere der Erkrankung – messen lassen. Dafür kombinieren sie Künstliche Intelligenz und optoakustische Bildgebungstechnologie.
Letztere verwendet Lichtimpulse, um Ultraschallwellen in Körpergewebe zu erzeugen. Diese Wellen werden von Sensoren erfasst und in Bilder umgewandelt. Erzeugt werden die Ultraschallwellen, wenn sich Körpergewebe um bestimmte Moleküle herum geringfügig zusammenzieht oder ausdehnt. Diese Moleküle, etwa Hämoglobin, absorbieren Licht besonders stark. Da Hämoglobin in Blutgefäßen konzentriert ist, lassen sich mit optoakustischer Bildgebung besonders detaillierte Bilder von Blutgefäßen erzeugen, die mit anderen nicht invasiven Methoden nicht möglich wären.
Die Grundprinzipien der Optoakustik, auch als Fotoakustik bezeichnet, sind seit mehr als hundert Jahren bekannt. Praktische Anwendungen in der Medizin sind aber relativ neu. Vasilis Ntziachristos ist Professor für Biologische Bildgebung an der TUM und Direktor des Instituts für Biologische und Medizinische Bildgebung sowie des Bioengineering Centers bei Helmholtz Munich. Zusammen mit seinem Team hat er eine Reihe von optoakustischen Bildgebungsmethoden entwickelt, darunter die Raster-Scan Optoacoustic Mesoscopy (RSOM).
Gefäßveränderungen schnell erfassen
Dass kleine Blutgefäße in der Haut von Diabetikern verändert sind, ist schon länger bekannt. Die Veränderungen sind beispielsweise in Biopsien zu erkennen, also in kleinen Hautpartien, die herausgeschnitten werden. Was tatsächlich im Körper geschieht, lässt sich mit Biopsien aber nicht zuverlässig zeigen, da die Einschnitte die Gefäße verformen können. Sie bedeuten zudem immer einen Eingriff in den Körper und sind nicht für wiederholte Untersuchungen über einen längeren Zeitraum geeignet. RSOM-Messungen sind dagegen nicht invasiv, dauern weniger als eine Minute und sind nicht auf Strahlung oder Kontrastmittel angewiesen. „Andere optische Bildgebungsverfahren liefern nicht die Tiefe oder das Detail, den RSOM ermöglicht“, sagt Angelos Karlas, leitender Arzt der Studie.
Bei einer einzelnen RSOM-Messung können gleichzeitig Daten zu verschiedenen Tiefen der Haut gewonnen werden. So konnten die Forschenden erstmals feststellen, dass sich Diabetes unterschiedlich auf Gefäße in verschiedenen Hautschichten auswirkt: Während beispielsweise die Zahl der Gefäße und Verästelungen in der sogenannten dermalen Ebene bei Diabetikern verringert waren, waren sie dichter unter der Hautoberfläche, in der sogenannten epidermalen Ebene, erhöht.
Kombination von Merkmalen aussagekräftig
Jedes der 32 oben erwähnten Merkmale wird vom Fortschreiten und der Schwere der Krankheit beeinflusst. Erst wenn man sie kombiniert und einen sogenannten Score ermittelt, lässt sich aber eine Verbindung zwischen dem Zustand der kleinen Blutgefäße in der Haut und dem Schweregrad von Diabetes ziehen. Dieser konnte in dieser Studie erstmals gezeigt werden.
„Mit RSOM können wir die Auswirkungen von Diabetes jetzt quantitativ beschreiben“, sagt Vasilis Ntziachristos. „Da wir RSOM immer mobiler und kostengünstiger machen konnten, eröffnen diese Erkenntnisse völlig neue Möglichkeiten für die kontinuierliche Überwachung des Zustands der Betroffenen – immerhin mehr als 400 Millionen Menschen weltweit. Mit kurzen und schmerzfreien Untersuchungen ließe sich so in wenigen Minuten feststellen, ob Therapien Wirkung zeigen, sogar in häuslicher Umgebung.“
Originalpublikation:
[A. Karlas et al.: Dermal features derived from optoacoustic tomograms via machine learning correlate microangiopathy phenotypes with diabetes stage; Nat. Biomed. Eng. (2023), DOI: 10.1038/s41551-023-01151-w]
Quelle: www.tum.de
Bild: Nikoletta Katsouli/TUM