20 Dez Punktgenaue Magnetisierung mittels Laserpuls
Als ein Team unter der Leitung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) 2018 eine dünne Schicht aus einer Eisen-Aluminium-Legierung mit ultrakurzen Laserpulsen bestrahlte, wurde das nicht magnetische Material plötzlich magnetisch. Die Erklärung der Forschenden: Die Laserpulse ordnen die Atome im Kristall so um, dass die Eisenatome näher zusammenrücken und dadurch einen Magneten bilden. Anschließend ließ sich die Schicht mit einer Serie von schwächeren Laserpulsen wieder entmagnetisieren. Damit hatten die Forschenden eine Möglichkeit entdeckt, eine Art winziger Magnetflecke auf einer Oberfläche gezielt zu erzeugen und wieder zu löschen.
Allerdings ließ das Pilotexperiment nach Aussage der Forschenden Fragen offen. „Unklar war, ob der Effekt nur bei der Eisen-Aluminium-Legierung auftritt oder auch bei anderen Materialien“, erläutert Dr. Rantej Bali, Physiker im Institut für Ionenstrahlphysik und Materialforschung des HZDR. „Außerdem wollten wir versuchen, den Prozess in seinem zeitlichen Ablauf zu verfolgen.“ Um das zu klären, schloss er sich mit Dr. Theo Pflug vom Laserinstitut Hochschule Mittweida (LHM) sowie mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Saragossa in Spanien zusammen.
Weitere Materialen analysiert
Untersucht haben die Fachleute dafür eine Legierung aus Eisen und Vanadium. Anders als bei der Eisen-Aluminium-Legierung sind die Atome nicht zu einem regelmäßigen Kristallgitter geschichtet, sondern chaotischer angeordnet. Sie bilden eine amorphe, glasartige Struktur. Um zu beobachten, was nach der Laserbestrahlung passiert, nutzten die Physikerinnen und Physiker das Pump-Probe-Verfahren. „Zunächst strahlen wir einen starken Laserpuls auf die Legierung, er magnetisiert das Material“, erklärt Theo Pflug. „Dann schicken wir einen schwächeren Puls hinterher, der von der Materialoberfläche reflektiert wird.“
Die Analyse der Laserreflexe lässt auf die physikalischen Eigenschaften des Materials schließen. Anschließend wird das Spiel mehrfach wiederholt, wobei der zeitliche Abstand zwischen dem Pump-Puls und dem anschließenden Probe-Puls immer weiter erhöht wird. Am Ende ergibt sich eine Zeitreihe von Reflexionsdaten, aus der sich rekonstruieren lässt, welche Prozesse der anregende Laserpuls in Gang gebracht hat.
Geschmolzenes Material magnetisiert
Das Resultat: Obwohl sie eine andere Grundstruktur als die Eisen-Aluminium-Verbindung besitzt, lässt sich auch die Eisen-Vanadium-Legierung per Laser magnetisieren, berichten die Forschenden. „In beiden Fällen schmilzt das Material an der bestrahlten Stelle kurzzeitig auf“, erklärt Bali. „Dadurch löscht der Laser die vorherige Struktur, sodass sich bei beiden Legierungen ein kleiner magnetischer Bereich bilden kann.“ Damit zeigte sich nach Aussage der Forschenden, dass das Phänomen nicht auf eine bestimmte Materialstruktur begrenzt ist, sondern bei diversen atomaren Anordnungen auftritt.
Auch dem zeitlichen Ablauf des Prozesses ist das Team auf der Spur: „Zumindest wissen wir jetzt, in welchen Zeitbereichen etwas passiert“, erläutert Pflug. „Innerhalb von Femtosekunden regt der Laserpuls die Elektronen im Material an. Später, nach mehreren Pikosekunden, übertragen die angeregten Elektronen ihre Energie auf die Atomrümpfe.“ Dieser Energieübertrag bewirke dann die Umordnung in eine magnetische Struktur, die durch die nachfolgende rasche Abkühlung fixiert werde. Wie genau sich die Atome umordnen, soll von den Forschenden in Folgeexperimenten beobachtet werden, indem der Magnetisierungsprozess mit intensiver Röntgenstrahlung durchleuchtet wird.
Anwendungen: Sensorik, Datenspeicher und Signaltransport
Schon diese Arbeiten im Grundlagenstadium lieferten den Forschenden erste Ideen für mögliche Anwendungen: So sei es denkbar, per Laser gezielt winzige Magneten auf einer Chip-Oberfläche zu platzieren. „Das könnte für die Produktion von empfindlichen magnetischen Sensoren nützlich sein, etwa in Fahrzeugen“, spekuliert Bali. „Auch für magnetische Datenspeicher könnte das in Frage kommen.“ Ferner scheint das Phänomen für eine neue Spielart der Elektronik interessant: die Spintronik. Hier sollen für digitale Rechenprozesse nicht wie üblich Elektronen durch Transistoren geschleust, sondern magnetische Signale genutzt werden – ein möglicher Ansatz für die Computer der Zukunft.
Originalpublikation:
[T. Pflug, J. Pablo-Navarro, S. Anwar, M. Olbrich, C. Magén, M. R. Ibarra, K. Potzger, J. Faßbender, J. Lindner, A. Horn, R. Bali: Laser-Induced Positional and Chemical Lattice Reordering Generating Ferromagnetism, Advanced Functional Materials, 2023 (DOI: 10.1002/adfm.202311951)]
Bild: Sander Münster / HZDR
Quelle: www.hzdr.de