21 Feb Optische Pinzette für die Infektionsforschung
Wie und mit welchem Aufwand gelangt ein Bakterium — oder ein Virus — in eine Zelle und verursacht eine Infektion? Forscher der Universität Freiburg gingen dieser Frage mithilfe eines Modell-Bakteriums nach, um die Physik von Infektionsvorgängen zu studieren. Als biologische Modellzelle diente den Wissenschaftlern ein Riesen-Membranvesikel mit etwa 20 µm Durchmesser. Der Virus oder das Bakterium wurde durch einen mikrometergroßen, runden Partikel repräsentiert, der mittels optischer Laser-Pinzette in Kontakt mit der Membran gebracht wurde. Eine optische Pinzette ist eine Laserfalle, die den Partikel einfängt, festhält und kontrolliert in kleinen Schritten der Membran näher bringen kann, bis es zum Kontakt kommt und der Partikel von der Membranblase aufgenommen wird.
Laser-Pinzette dient als Messinstrument
Mittels optischer Pinzette und Laserlichtstreuung lassen sich nach Angaben der Wissenschaftler nicht nur die notwendigen Kräfte und Energien messen, sondern auch die thermischen Bewegungen des Partikels, die für seine Aufnahme notwendig sind. Die Membranblase und der Partikel befanden sich während des Experiments in wässriger Lösung bei Raumtemperatur. Die Wassermoleküle führen zu einer charakteristischen Zitterbewegung, bekannt als Brownsche Molekularbewegung oder auch als thermische Fluktuationen.
Schwingende Zellmembranen als Türöffner für Bakterien
Durch mathematische Modelle und die Bewegungsmessungen mit einer Million Partikelpositionen pro Sekunde konnten die Forscher zeigen, dass die Überlagerung von vielen schwingenden Membranbewegungen eine entscheidende Rolle spielt: Kommt das Bakterium in Kontakt mit der Membranblase, so werden zunehmend Grundschwingungen unterdrückt und nur Moden mit höherer Frequenz, also kürzeren Schwingungslängen, überleben. Da nun jeder Schwingungsmode der Membranblase eine eigene Dämpfung oder Reibung hat, lässt sich hieraus über Computersimulationen die summierte Dämpfung und Amplitude aller überlebenden Moden abschätzen. Sowohl die Messungen als auch die Computersimulationen zeigten laut den Wissenschaftlern, dass die notwendige Energie zur Membranverformung durch den Partikel bis zu seiner kompletten Aufnahme stark mit der Steifigkeit und der Dämpfung der Membranbewegungen skaliert.
Die Wissenschaftler konnten somit erklären, warum Bakterien mit bestimmten Proteinen (Liganden) auf ihrer Oberfläche leichter an Zellen mit bestimmten Membranrezeptoren binden. Vor allem kann man laut den Forschern damit aber erklären, inwiefern durch eine stärker fluktuierende und weniger gedämpfte Membran die Energiekosten sinken und damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass das Bakterium aufgenommen wird, was einem erhöhten Infektionsrisiko der Zelle entspricht.
Originalpublikation:
[Ayala, Y. A., Omidvar, R, Römer, W., Rohrbach, A (2023): Thermal fluctuations of the lipid membrane determine particle uptake into Giant Unilamellar Vesicles. Nature Communications 14(1): 65. https://doi.org/10.1038/s41467-022-35302-5]
Quelle: uni-freiburg.de
Bild: AG Rohrbach / Uni Freiburg