13 Jun Ultrakurze Laserpulse im mittleren Infrarot
Wer die Schwingung elektrischer Felder von ultrakurzen Lichtimpulsen technisch nutzen will, muss zunächst herausfinden, wie man sie am besten kontrolliert. In vielen Wellenlängenbereichen klappt das schon gut, eine Herausforderung war bislang die Kontrolle und Steuerung von Licht im mittleren infraroten Wellenlängenspektrum. Infrarotlicht kann beispielsweise dafür genutzt werden, Moleküle gezielt zu Schwingungen anregen sowie elektrische Signale in Halbleitern erzeugen. Ultrakurze Mittelinfrarotimpulse zu erzeugen und die Wellenform präzise zu steuern, ist nun einer internationalen Kooperation von Physikern des Attoworld-Teams der LMU, des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik (MPQ) und des ungarischen Centers for Molecular Fingerprinting (CMF) gelungen.
Infrarotlicht im Kristall erzeugt
Die Grundlage für die neue Mittelinfrarotquelle ist ein stabilisiertes Lasersystem, das Lichtpulse mit einer genau definierten Wellenform im angrenzenden nahen Infrarot erzeugt. Die Pulse bestehen aus nur einer Schwingung der Lichtwelle und sind damit nur wenige Femtosekunden lang: Schickt man diese in einen Zink-Germanium-Phosphit-Kristall, lässt sich in jenem unter Ausnutzung komplexer Mischprozesse die Erzeugung langwelliger Infrarotpulse herbeiführen. So ließ sich eine sehr große Abdeckung des Lichtspektrums von 1 bis 12 Mikrometern erreichen. Dabei konnten die Forscher nicht nur die zugrundeliegende Physik der Mischprozesse erklären, sondern das neue Konzept auch dazu nutzen, die Schwingungen des erzeugten Mittelinfrarotlichts über die Eingangsparameter präzise zu kontrollieren.
Einsatz in der Optoelektronik und Molekülspektroskopie
Diese Kontrolle kann beispielsweise bestimmte elektronische Prozesse in Festkörpern gezielt auslösen, was in künftiger, elektronischer Signalverarbeitung wichtig sein und sie extrem beschleunigen könnte. „Man könnte also über die Kontrolle der Lichtpulse eine lichtgesteuerte Elektronik entwickeln“, sagt Philipp Steinleitner, Mitarbeiter des Forschungsprojekts. „Würden optoelektronische Bauteile bei Frequenzen des erzeugten Lichts arbeiten, könnte man heutige Elektronik mindestens um den Faktor 1000 beschleunigen.“
Ein besonderes Augenmerk legen die Physiker auf den Einsatz in der Spektroskopie von Molekülen. Trifft nämlich Infrarotlicht auf Moleküle, beginnen diese zu schwingen und senden ihrerseits charakteristisches Licht aus. So kann man herausfinden, welche Moleküle sich in einer Flüssigkeit, wie etwa im menschlichen Blut befinden. „Mit unserer Lasertechnik haben wir damit den kontrollierbaren Wellenlängenbereich im Infrarot deutlich erweitert“, erklärt die beteiligte Forscherin Nathalie Nagl. „Die nun zusätzlich verfügbaren Wellenlängen verschaffen uns die Möglichkeit, noch genauer zu analysieren, wie sich ein Mix aus Molekülen zusammensetzt.“
Ultrakurzpulslicht für die Krebsdiagnostik
Für das Wissen um die Existenz bestimmter Moleküle im Blut interessieren sich in der Attoworld-Gruppe vor allem die Kollegen vom Team Broadband Infrared Diagnostics (BIRD) um Mihaela Zigman und das CMF Research Team um Alexander Weigel. Die Teams arbeiten daran, wie man anhand von Molekular-Spektroskopie charakteristische Signaturen —sogenannte Fingerabdrücke — identifizieren kann. Diese erlauben es, eine Erkrankung wie Krebs mittels Blutprobenuntersuchung bereits im Frühstadium zu erkennen. Denn befindet sich in einem Organismus ein Tumor, führt die Erkrankung zu kleinen und äußerst komplexen Änderungen der molekularen Zusammensetzung des Bluts. Diese gilt es zu entdecken, um künftig eine frühe Diagnose schwerer Erkrankungen zu ermöglichen. Die Heilungschancen des Patienten werden dadurch deutlich erhöht.
„Unsere Lasertechnologie erlaubt es unseren Kollegen in Zukunft, bisher nicht erfassbare Änderungen spezifischer Biomoleküle wie Proteine oder Lipide nachzuweisen. Damit steigert sie die Verlässlichkeit einer künftigen medizinischen Diagnostik mit Hilfe der Infrarot-Lasertechnologie“, erläutert Teamkollege Maciej Kowalczyk.
Originalpublikation:
[Philipp Steinleitner, Nathalie Nagl, Maciej Kowalczyk, Jinwei Zhang, Vladimir Pervak, Christina Hofer, Arkadiusz Hudzikowski, Jarosław Sotor, Alexander Weigel, Ferenc Krausz und Ka Fai Mak, Single-cycle infrared waveform control, Nature Photonics, 26. Mai 2022, doi: 10.1038/s41566-022-01001-2, https://www.nature.com/articles/s41566-022-01001-2]
Quelle: www.lmu.de
Bild: Dennis Luck, Alexander Gelin
Kooperationspartner: