13 Aug Künstliche Atome: Neue Anwendungen für Halbleiter-Quantenpunkte
Halbleiter bestimmen unseren Alltag: Sie bilden die Grundlage für die Elektronik in Computern oder Mobiltelefonen und tragen maßgeblich zur Optoelektronik durch Laser und Leuchtdioden bei. In nulldimensionalen Halbleiterstrukturen, auch Quantenpunkte genannt, weisen Elektronen, die darin eingeschlossen sind, diskrete Energiewerte auf, ähnlich wie Elektronen in Atomen. Daher werden Quantenpunkte auch künstliche Atome genannt. Prof. Manfred Bayer, Physiker sowie Rektor der TU Dortmund, hat zusammen mit internationalen Forschern nun weitere Anwendungspotenziale für Quantenpunkte in Halbleitern aufgezeigt.
Gewachsen oder in Lösung
Die Entwicklung von Quantenpunkten begann Mitte der 1980er-Jahre. Für ihre Herstellung haben sich zwei unterschiedliche Verfahren etabliert: Das eine physikbasiert im Hochvakuum (epitaktische Quantenpunkte), das andere chemiebasiert durch Synthese in entsprechenden Lösungen (kolloidale Quantenpunkte). Beide Verfahren fanden schnell ihren Weg in die Anwendung: Epitaktische Quantenpunkte kommen zum Beispiel in Quantenpunktlasern, kolloidale Quantenpunkte als „Farbwandler“ zur Erzeugung der Farben Grün und Rot in Fernsehern zum Einsatz. In jüngster Zeit haben Forscher größere Fortschritte insbesondere in der Herstellung von Quantenpunkten gemacht, die weitere Anwendungen ermöglichen.
Von der Fotovoltaik bis zur Medizin
Die potenziellen Anwendungen von Quantenpunkten sind laut den Forschenden vielfältig. So könnten kolloidale Quantenpunkte die Fotovoltaik revolutionieren, indem sie beispielsweise in Fenster eingebettet werden. Dafür müssen sie so beschaffen sein, dass sie Licht im sichtbaren Bereich passieren lassen, um die Räume nach wie vor hell zu gestalten. Licht im infraroten Bereich müssen sie dagegen absorbieren, so dass es sich dann in elektrische Energie umwandeln lässt. Dies kann durch die geeignete Wahl von Material und Größe der Quantenpunkte erreicht werden. Auf diese Weise könnten beispielsweise sämtliche Fensterfronten in Hochhäusern für die Fotovoltaik genutzt werden. Mit dieser Technologie ließe sich auch das Sonnenlicht in Gewächshäusern gezielt lenken, sodass Nutzpflanzen schneller reifen und geerntet werden können.
Die Forschenden führen eine Vielzahl weiterer Anwendungen auf (siehe Abbildung). Diese betreffen sehr unterschiedliche Technologiefelder, beispielsweise die Herstellung von energieeffizienten Displays und Beleuchtungsmodulen für die Optoelektronik, Sensorik wie etwa in Wärmebildkameras, das Feld der Quantentechnologien oder den Einsatz als medizinische Marker. In vielen Bereichen scheinen die Anwendungen kurz vor dem Ziel. In anderen sind wiederum noch signifikante Herausforderungen zu lösen – sei es die Entwicklung von umweltfreundlichen Materialien ohne Schwermetalle, die ressourcenschonende, umweltverträgliche Herstellung der Quantenpunkte durch neuartige chemische Ausgangsstoffe oder ihr Recycling. Auch daran arbeiten bereits Forschende weltweit intensiv.
Quelle: www.tu-dortmund.de
Bild: García de Arquer et al., Science 373
Originalpublikation:
[García de Arquer et al., Semiconductor quantum dots: Technological progress and future challenges. Science 373, DOI: https://doi.org/10.1126/science.aaz8541]