Technologieforum Laser Photonik

Vollständige Inline-Prüfung an Bipolarplatten

Bipolarplatten sind Schlüsselkomponenten in Brennstoffzellen. Bis zu sechshundert dieser Bauteile werden in einer Brennstoffzelle zu Stapeln geschichtet; sie sorgen unter anderem für die elektrische Verbindung sowie die Verteilung und Ableitung von Reaktionsgasen und Wasser. Die metallischen Bipolarplatten werden beidseitig aus teilweise weniger als einem Zehntelmillimeter dünnen Metallfolien geprägt. Leicht schwankende Prozessparameter bei der Umformung führen zu typischen Fehlern wie Reißern, Falten oder Springbeul-Effekten, die die Funktion und Langlebigkeit der Brennstoffzelle beeinträchtigen. Solche Fehler konnten bisher nur durch eine nachgelagerte Qualitätskontrolle stichprobenartig erkannt werden. Im Rahmen eines Kooperationsprojekts der Fraunhofer-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM gemeinsam mit der Universität Stuttgart sowie den Industriepartnern Thyssenkrupp Automation Engineering und Chemische Werke Kluthe neue Sensortechnik und Simulationsverfahren entwickelt, die die Grundlage für eine aktive Prozesskontrolle und Prozessoptimierung bei der Serienfertigung umgeformter Bipolarplatten bilden sollen.

 

In den Bipolarplatten sind beidseitig feine Kanäle geprägt. Bild: Fraunhofer IPM

 

Große Flächen mikrometergenau vermessen

Für die Aufnahmen nimmt ein am Fraunhofer IPM entwickelter digital-holografischer 3-D-Sensor hochgenaue 3-D-Daten der Bauteiloberfläche auf und stellt sie in Echtzeit für die Prozesskontrolle zur Verfügung. Um Bipolarplatten unterschiedlicher Größe zu vermessen, setzen die Forschenden auf ein skalierbares System, das nach Angabe der Entwickler je nach Bauteilgröße um weitere Messköpfe erweitert werden kann. Ein solcher aus mehreren Sensorköpfen bestehender Matrixsensor nimmt das gesamte Flussfeld von Bipolarplatten mit einer Größe von bis zu 400 mm × 150 mm in einem einzigen Messdurchgang auf – in weniger als einer Sekunde und ohne Bewegung des Sensors, so die Forschenden. Ein Stitching-Algorithmus setzt die Messdaten der einzelnen Messfelder zu einem Gesamtbild zusammen. Die hochaufgelösten Messbilder sollen Umformfehler ab einer Größe von wenigen Mikrometern zeigen. Das System wird aktuell in einer seriennahen Umgebung am Institut für Umformtechnik IFU der Universität Stuttgart getestet.

Digitale Mehrwellenlängen-Holografie

Die im System eingesetzte digitale Mehrwellenlängenholographie beruht auf dem Prinzip der Interferometrie. Dabei wird das Licht eines Lasers in eine Objekt- und eine Referenzwelle aufgeteilt. Während die Objektwelle an der zu vermessenden Oberfläche gestreut wird, durchläuft die Referenzwelle einen genau definierten optischen Pfad innerhalb des Sensors. In einer Kamera werden dann Objekt- und Referenzwelle zur Überlagerung gebracht. Das entstehende Interferenzmuster trägt die Höheninformation des Prüflings in sich. Mit numerischen Methoden kann in Sekundenbruchteilen die Form einer technischen Oberfläche aus diesem Interferenzmuster berechnet werden. Da bei der digitalen Holographie sowohl Intensität als auch Phase der Objektwelle ganzheitlich erfasst werden, lässt sich auch ihre Ausbreitung im Raum numerisch berechnen. Dadurch ist es möglich, eine Oberfläche zu vermessen, selbst wenn diese optisch nicht scharf auf den Kamerachip abgebildet wurde.
Durch die Verwendung mehrerer Laser unterschiedlicher Wellenlängen lassen sich gleichzeitig eindeutige Messbereiche im Zentimeterbereich und Genauigkeiten im Sub-Mikrometerbereich realisieren. Als Zusatzoption ist die Integration von LED-Beleuchtungen möglich. Mit Hell- und Dunkelfeldanordnungen können laut den Entwicklern zusätzlich kleinste Defekte auch mit Methoden der klassischen Bildverarbeitung detektiert und analysiert werden – mit einem einzigen optischen Sensor.

 

Vollständig zusammengesetztes Messbild einer Bipolarplatte mit einer Fläche von 296 × 152 mm². Die Messung umfasst das gesamte Flussfeld und beinhaltet etwa 512 Millionen Messpunkte. Bild: Fraunhofer IPM

 

Wertvolle Daten für die Prozessoptimierung

Die vom digital-holografischen Sensor erfassten Messdaten sollen nicht nur Gut- und Schlechtteile unterscheiden, sondern den Produktionsprozess nachhaltig verbessern. Dazu wurde an der Universität Stuttgart eine umfassende Simulations-Toolchain des Umformprozesses entwickelt, in die die 3-D-Messdaten einfließen. So sollen wiederkehrende Fehlerbilder systematisch erfasst und analysiert werden, sodass sich die Prozessparameter angleichen lassen.

 

Quelle und Bild: www.ipm.fraunhofer.de



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