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Uniklinikum Dresden

KI-optimierte MRT-Bild­aus­wer­tung für die Multiple-Sklerose-Therapie

Wenn sich die typischen Zeichen der Multiplen Sklerose zeigen, ist es für bestimmte Therapieoptionen oftmals zu spät. Denn Symptome wie Missempfinden, Sehstörungen oder eine beeinträchtige Motorik können Ausdruck der nicht umkehrbaren Zerstörung von Nervenzellen durch die Entzündung sein. Viel mehr bietet die Darstellung von Entzündungsherden und Nervenzelluntergängen mittels MRT-Aufnahmen von Kopf und Wirbelsäule. Doch auch die bereits seit etwa 20 Jahren genutzte magnetresonanztomographische Bildgebung lieferte bisher gerade in der Verlaufsuntersuchung keine reproduzierbaren quantitativen Daten zur Veränderung von Zahl und Volumen der Entzündungsherde (Läsionen) oder des verstärkten Gehirngewebeuntergangs, der Atrophie.

Bisher erfolgte die Befundung der MRT-Bilder allein darüber, deren Bildmuster visuell-qualitativ zu beurteilen und die Änderungen der Bildbefunde im Verlauf zu beschreiben. Dieser Ansatz kann bei hoher Variation der MRT-Erscheinungsbilder der MS und bei den naturgemäß eingeschränkten Möglichkeiten der menschlichen Inaugenscheinnahme zu Einschränkungen der Präzision der Verlaufsbeurteilung führen.

MRT-Auswertung automatisiert

Zusammen mit innovativen Verfahren der klinischen Verlaufsbeurteilung von MS und anderer chronischer Erkrankungen entstehen in dem internationalen Forschungsverbund MS Paths vielversprechende Ansätze, um Therapien auf der Basis eines sogenannten in vivoMonitorings mit der MRT zu optimieren. Ärzte und Forscher des Zentrum für Klinische Neurowissenschaften, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden an der Technischen Universität Dresden, sowie dem Institut für Diagnostische uns Interventionelle Neuroradiologie wurden in das weltweit agierende Forschungsnetzwerk MS Paths aufgenommen. Eines der Projekte ist ‚MS Paths Image Evaluation‘ (MSPie). Das Team um Dr. Kitzler von der Neuroradiologie war das erste, das im Rahmen einer Translations-Studie des MS-Paths-Netzwerks damit begonnen hat, standardisierte Daten der MRT-Bildgebung nach der Erzeugung automatisiert auszuwerten und im klinischen Alltag zu erproben. Die dazu mit dem Kooperationspartner Siemens entwickelte Software soll jedoch nicht die Neuroradiologin oder den Neuroradiologen bei der Auswertung ersetzen. „Vielmehr geht es darum, deren Expertise mit der maschinellen Analyse zu unterstützen, den quantitativen numerischen Befundaspekt in den Alltag zu integrieren, die Befundung zu beschleunigen, deren Präzision zu erhöhen und von humanen Einschränkungen der Inaugenscheinnahme zu entkoppeln“, sagt Kitzler. „Der Befunder behält damit die Entscheidung, in dem er die automatisiert erstellten Ergebnisse in jedem Einzelfall bestätigt oder korrigiert. „Dass es dabei nicht zu viele zusätzliche radiologische Arbeitsschritte mehr gibt, haben wir in der gemeinsamen Evaluationsstudie mit der Cleveland Klinik belegt.“ Diese Arbeitsschritte der neuen Software werden anhand von Methoden Künstlicher Intelligenz unterstützt und optimiert.

Flächendeckend als Ziel

Damit eine Verlaufskontrolle über einen langen Zeitraum verlässlich möglich wird, müssen die MRT-Aufnahmen nach standardisierten Vorgaben erstellt werden. Innerhalb des Uniklinikums, das mittlerweile über fünf infrage kommende 3-Tesla-MRT verfügt, wurde dieser Prozess der harmonisierten Aufnahme mit dem ersten Gerät bereits 2017 begonnen und nachfolgend auf alle Geräte ausgedehnt. Doch bereits eine neuroradiologische Aufnahme einer anderen Klinik oder einer Praxis bedeutet aktuell, dass die MRT-Aufnahmen nicht präzise verglichen werden können. Kitzler wirbt deshalb seit längerem für eine standardisierte Datenakquisition. „Die Standardisierung der MRT-Akquisition würde bedeuten, dass wir gemeinsam Patientinnen und Patienten im Verlauf immer wieder mit dem gleichen Untersuchungsprotokoll untersuchen, das eine mittlerweile klinisch benötigte quantitative MRT-Analyse möglich macht.“ Hierzu nutzen MS Paths und das Kitzler-Team ein entsprechendes Protokoll, dessen Anforderungen minimal sind und das mit anderen Radiologen ausgetauscht werden kann. Die momentan für Siemens-3-Tesla-MRT optimierten Sequenzen werden aktuell vom Netzwerk auch an andere Gerätehersteller angepasst.

Zwischen Ambulanzterminen wacht eine App

Mit der Konectom-App, die in Dresden im Rahmen eines Teilprojektes des MS Paths zusammen mit Partnern wie der Cleveland Klinik oder der John Hopkins Universität in den USA zum Einsatz kommt, führen Patientinnen und Patienten regelmäßig digitale Funktionstests auf ihrem Smartphone durch und bekommen direkt im Anschluss ihre Ergebnisse angezeigt. Der Nutzen einer solchen App liegt klar auf der Hand: Während bisher funktionelle Fähigkeiten des Gleichgewichts oder Gehens, der Feinmotorik der Hände sowie der Konzentration nur zu den regulären meistens dreimonatlichen neurologischen Kontrollterminen erfasst werden, ermöglicht Konectom die kontinuierliche Dokumentation in den dazwischenliegenden Zeiträumen. Mit einer übersichtlichen Darstellung auf einem Dashboard kann die Ärztin oder der Arzt die zu Behandelnden optimal beraten.

Quelle und Bild: msz.uniklinikum-dresden.de

Kooperationspartner:

www.siemens.de

clevelandclinic.org

jhu.edu

Weitere Informationen: www.mspaths.com



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