Technologieforum

Mikroskopieaufnahme einer Probe

Licht­gesteuerte Mikro­roboter liefern Medika­mente

Mikroroboter, die durch Blut oder andere Flüssigkeiten in unserem Körper strömen, Licht als Antrieb nutzen, Medikamente transportieren und an Ort und Stelle absetzen sollen, haben Forschende am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI-IS) und am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung (MPI-FKF) entwickelt und unter Laborbedingungen getestet. Die organischen Mikroschwimmer können selbst in sehr salzhaltigen Flüssigkeiten mithilfe von sichtbarem Licht mit hoher Geschwindigkeit einzeln oder als Schwarm vorwärtsgetrieben werden. Sie sind zudem biokompatibel und können ohne weitere Modifikationen gezielt Medikamente aufnehmen und abgeben.

Die Wissenschaftler verwendeten für ihre Experimente ein poröses Kohlenstoffnitrid (CNx), das aus organischen Stoffen wie Harnstoff künstlich hergestellt werden kann. Ähnlich den Solarzellen einer Photovoltaikanlage absorbiert das Kohlenstoffnitrid Licht, das dann die Energie liefert, um den Roboter vorwärts zu be- wegen, wenn Licht auf die Partikeloberfläche strahlt.

Erfolgreicher Test mit Krebsmedikament

Nachdem das Team gezeigt hatte, dass die Schwimmer salztolerant sind, wandte es sich der Herausforderung zu, sie als Medikamententransportmittel zu nutzen. Dies ist ebenfalls aufgrund der Porosität des Materials möglich. Das Team belud die kleinen Poren der Schwimmer mit dem Krebsmedikament Doxorubicin. Das Medikament blieb stabil an das Kohlenstoffnitrid gebunden – sogar länger als einen Monat. Die Forscher konnten zeigen, dass eine kontrollierte Freisetzung des Wirkstoffs in einer Umgebung mit saurem pH-Wert, zum Beispiel im Magen, ganz natürlich erfolgt. Zudem konnten die Mikroschwimmer beleuchtet werden und so das Medikament freisetzen – unabhängig von einer pH-Wert-Änderung. Und selbst bei voller Beladung verlangsamte sich der Antrieb nicht wesentlich, erklärten die Forscher.

Zudem agiert das CNx durch seine Aufladefähigkeit auch sensorisch und responsiv. Die in sauerstoffarmer Umgebung bedingte Lichtladefähigkeit des Materials wird auf eine intrinsische Art erkannt, und die verbesserte Medikamentenfreisetzung erfolgt als Reaktion darauf. Das entspricht prinzipiell den komplexen Entscheidungsprozessen im Körper, die durch Nervenzellen gesteuert werden. Hier jedoch ist die ganze Funktion schon semiautonom im Material des Mikroschimmers kodiert.

Die Wechselwirkung mit Krebsmedikamenten bewies das Team in einem Versuch mit echten Tumorzellen. In ihrer Arbeit zeigen die Forschenden, wie sie mit Doxorubicin beladene Kohlenstoffnitridpartikel in der Nähe von Krebszellen beleuchten und wie das Medikament freigesetzt und von den Zellen aufgenommen wird, was sie dann zerstört.

Auch wenn die Mikroschwimmer noch eine Zukunftsvision sind und derzeit nur unter Laborbedingungen funktionieren, könnte die in der Studie präsentierte Grundlagenforschung den Weg ebnen hin zu lichtgesteuerten und biokompatiblen Materialien sowie zu intelligenten halbautonomen Systemen, die in anderen Technologien Anwendung finden.

Originalpublikation:
[Varun Sridhar et al., Light-driven carbon nitride microswimmers with propulsion in biological and ionic media and responsive on-demand drug delivery, Science Robotics ,19. Jan. 2022, Vol. 7, Issue 62, DOI: 10.1126/scirobotics.abm1421]

Weitere Informationen

Quelle und Bild: is.mpg.de

Kooperationspartner: www.fkf.mpg.de



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