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Der TIA und die Lidar-Präzision

In der Signalkette eines Automotive-Lidarsystems ist der Transimpedanzverstärker ein Bauteil, das ganz wesentlich über die Leistungsfähigkeit der Sensorik entscheidet. Vor allem zählt seine Fähigkeit, hohen Überlastströmen zu trotzen und sich innerhalb weniger Nanosekunden von einer Sättigung zu erholen.

Sensoren und Software sind in modernen Fahrzeugen unverzichtbar. In fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (Advanced Driver Assistance Systems, ADAS), vor allem aber in automatisierten und autonomen Fahrzeugen, ist die Fusion verschiedener Sensordaten ein Schlüssel, um die Genauigkeit, Redundanz und Sicherheit zu erhöhen. Kameras, Inertialmesseinheiten und  Radar gehören zu den wichtigsten Technologien – und ebenso das Lidar (Light Detection and Ranging). Seine Performance hängt wesentlich vom Frontend-Transimpedanzverstärker (TIA) ab, der das Signal einer Avalanche-Fotodiode (APD) schnell aufbereitet, um ein digitales Feedback zu liefern. Über den Vergleich des Zeitstempels des Rückmeldesignals mit dem des Sendesignals kann die Laufzeit (Time-of-Flight, ToF) für die Entfernungsmessung berechnet werden.

Lidar verwendet Optiken mit einem Spektralbereich zwischen 200 und 1150 nm. Der Sensor misst die Laufzeit vom Aussenden eines Lasersignals bis zum Empfang der reflektierten Signale und ermöglicht das Erstellen mehrdimensionaler Tiefenkarten der Fahrzeugumgebung. Zu den Anwendungen im Fahrzeug gehören Kollisionsvermeidung, Blindseitenerkennung, Notbremsung, adaptive Geschwindigkeitsregelung, dynamische Fahrwerksregelung und Einparkhilfe. Lidarsysteme übertreffen das Radar in Bezug auf die laterale Auflösung und die Fähigkeiten bei schlechten Wetterbedingungen. ADAS und autonome Fahrzeuge benötigen eine Vielzahl dieser Sensoren, um das Fahrzeug herum platziert, um eine 360˚-Erkennung vorzunehmen.

Halbleitertechnik reduziert Größe und Kosten

Lidar-Sensordesigns haben sich von Kaffeedosen, die auf dem Autodach rotierten und etwa 75.000 Euro kosteten, zu deutlich moderneren Systemen entwickelt, im Preissegment von ungefähr 1000 Euro pro Stück. Die Kostensenkung ist vor allem auf Fortschritte bei den Lasern und der Elektronik zurückzuführen: Vor allem die Verwendung von Halbleiterlasern und die damit verbundene Skalierung in den Halbleiterprozessen sind die Hauptgründe für geringere Kosten und Größe. Jetzt finden mehrere Lidar-Sensoren an der Vorder- und Rückseite sowie an den Seiten des Fahrzeugs Platz, um eine kostengünstige 360˚-Sicht zu ermöglichen. Ein typisches Lidardesign umfasst die Hauptsegmente Datenerfassung (DAQ), analoges Frontend (AFE) und Laserquelle.

Ein Lidar besteht aus drei Hauptteilen: der Datenerfassungseinheit (DAQ), einem Analog-Frontend (AFE) und einer Laserquelle

Der DAQ-Abschnitt enthält einen Highspeed-Analog/Digital-Wandler (ADC) nebst Leistungsversorgung und Taktung, um die ToF-Daten vom Laser und dem AFE zu erfassen. Zum AFE gehören der APD-Lichtsensor und der TIA zur Erfassung des reflektierten Signals. Die gesamte Signalkette konditioniert das APD-Ausgangssignal, das dem ADC im DAQ-Teil zugeführt wird. Das AFE bezieht auch das Delay-Timing in seine Ausgabe an den DAQ ein. Der Laserteil enthält die Strahlquellen und die zugehörige Treiberschaltung und überträgt das anfängliche Laserausgangssignal.

Das AFE: Signalintegrität und Messunsicherheit

Beispielhaft lässt sich die Signalkette eines Lidarempfängers mit einer Hochspannungs-Sperrvorspannung von -120 bis -300 Vund einer APD mit niedriger Eingangskapazität aufbauen, gefolgt von einem TIA, wie dem LTC6561HUF#PBF von Analog Devices. Beim Design ist auf niedrige APD-Eingangs- und Leiterplatten-Parasitärkapazitäten zu achten, um das Highspeed-Verstärkungsbandbreitenprodukt (Gain-Bandwidth Product, GBWP) des TIA von 220 MHz zu ergänzen. Der TIA-Eingangsbereich erfordert zusätzliche Aufmerksamkeit, um den gewünschten Grad an Signalintegrität und Kanalisolierung zu erreichen, damit dem vom APD erzeugten Stromsignal kein zusätzliches Rauschen hinzugefügt wird und somit das Signal-Rausch-Verhältnis und die Objekterkennungsrate des Systems maximiert werden.

AFE bestehend aus APD, TIA LTC6561 und Highspeed-Differenzverstärker ADA4950. Der LT6016 ist ein Verstärkerfilter, welches das Klingeln von Hochgeschwindigkeitssignalen dämpft.

Um die Signalintegrität zu verbessern, verfügt der TIA über einen Tiefpass-Verstärkerfilter, den LT6016 von Analog Devices, der das Klingeln von Hochgeschwindigkeitssignalen dämpft. Der TIA wandelt den APD-Ausgangsstrom (IAPD) in eine Ausgangsspannung VTIA um. Diese wird an den Differenzpufferverstärker ADA4950-1YCPZ-R7 weitergeleitet, der wiederum den Eingang des ADC ansteuert.

Für die Berechnung der Entfernung mithilfe der Laufzeit wird das Inkrement der ADC-Abtastrate verwendet, um die Auflösung des empfangenen Lichtimpulses zu bestimmen:

d = N x c/2fS

c – Lichtgeschwindigkeit; fS – ADC-Abtastrate; N – Zahl der ADC-Abtastungen im Zeitintervall zwischen der Erzeugung eines Lichtimpulses und dem Empfang seiner Reflexion

Wenn die Abtastrate des ADC beispielsweise 1 GHz beträgt, entspricht jede Abtastung einer Entfernung von 15 cm. Die Unsicherheiten müssen dabei nahe null liegen, da schon wenige Abtastungen, die mit Unsicherheiten behaftet sind, zu erheblichen Messfehlern führen. Folglich verwenden Lidarsysteme parallele TIAs und ADCs, um die Abtastunsicherheit gegen Null zu führen. Diese Zunahme der Kanäle erhöht die Verlustleistung und die Größe der Leiterplatte. Diese kritischen Designeinschränkungen erfordern auch Highspeed-ADCs mit seriellem Ausgang und JESD204B-Schnittstelle, um Probleme mit parallelen ADCs zu lösen.

 Die APD: Sensorelement für das Lidar

Wie bereits erwähnt, ist die APD das wichtigste Sensorelement in einem Lidarsystem. Die Sperrvorspannung dieser Fotodioden mit interner Verstärkung reicht von einigen zehn Volt bis zu Hunderten von Volt. Das Signal-Rausch-Verhältnis der APD ist höher als bei einer PIN-Fotodiode. Außerdem zeichnen sich die APDs durch ihr schnelles Ansprechverhalten, den geringen Dunkelstrom und die hohe Empfindlichkeit aus. Die spektrale Empfindlichkeit der APD liegt zwischen 200 und 1150 nm und entspricht damit dem typischen Spektralbereich für Lidar.

Ein Beispiel für eine APD ist die MTAPD-07-010 des Herstellers Marktech Optoelectronics mit einer spektralen Empfindlichkeit von 400 bis 1100 nm und einem Spitzenwert bei 905 nm. Ihre aktive Fläche misst 0,04 mm2. Die Verlustleistung ist mit 1 mW, der Durchlassstrom mit 1 mA und die Betriebsspannung mit 0,95 x Vbr spezifiziert; letztere beträgt maximal 200 V. Die Anstiegszeit beträgt 0,6 ns.

Die typische APD auf Halbleiterbasis arbeitet mit einer hohen Sperrspannung – manchmal, wie die MTAPD-07-010, knapp unterhalb des Durchbruchs. In dieser Konfiguration regen absorbierte Photonen in dem starken internen elektrischen Feld Elektronen und Löcher an, um Sekundärladungsträger zu erzeugen. Über einige Mikrometer hinweg verstärkt der Avalanche-Prozess den Fotostrom effektiv.

Aufgrund ihrer Betriebscharakteristik benötigen APDs weniger elektronische Signalverstärkung und sind weniger anfällig für elektronisches Rauschen, wodurch sie sich für extrem empfindliche Detektoren eignen. Der Multiplikations- oder Verstärkungsfaktor von Silizium-APDs variiert je nach Komponente und angelegter Sperrspannung. Die MTAPD-07-010 erreichteine Verstärkung von 100.

Der TIA: Erholt sich schnell nach Überlast

Im Betrieb sendet das Lidar ein digitales optisches Burst-Signal aus, dessen Reflexionen von der APD MTAPD-07-010 erfasst würden. Dies erfordert einen TIA mit schneller Sättigungsüberlast-Erholungszeit und schnellem Ausgangsmultiplexing. Der rauscharme vierkanalige TIA LTC6561 mit einer Bandbreite von 220 MHz erfüllt diese Anforderungen.

Der Vierkanal-TIA LTC6561 mit unabhängigen Verstärkern und einer einzigen gemultiplexten Ausgangsstufe wurde für Lidar mit APDs entwickelt

Im Beispieldesign werden die reflektierten Lasersignale mithilfe des APD-Arrays und der vier rauscharmen 200-MHz-TIAs erfasst. Letztere übertragen die erfassten Signale schnell an den ToF-Detektor. Kondensatoren (1 nF) am Eingang der vier TIAs filtern und eliminieren den APD-Dunkelstrom und Umgebungslicht, wodurch der Dynamikbereich der TIAs erhalten bleibt. Der Wert der Kondensatoren wirkt sich jedoch auf die Schaltzeiten aus, was Entwickler beim Entwurf berücksichtigen müssen.

Unter intensiver Beleuchtung – wie sie bei Automotive-Lidar sehr häufig und in schneller Folge auftritt – können APDs große Ströme leiten, oft mehr als 1 A. Der LTC6561 widersteht Überlastströmen dieser Größenordnung und erholt sich schnell davon. Die schnelle 1-mA-Überlasterholung benötigt lediglich 10 ns zum Einschwingen.

Der Ausgangspuls verbreitert sich, wenn die Höhe des Eingangsstroms den linearen Bereich überschreitet; die Wiederherstellungszeit bleibt jedoch im Bereich von 10 ns. Der LTC6561 erholt sich von 1-mA-Sättigungsereignissen in weniger als 12 ns ohne Phasenumkehr und minimiert so den Datenverlust.

Der LTC6561 übersteht Überlastströmen von 1 mA und erholt sich schnell, in nur 10 ns

Fazit

Der Weg zu erfolgreichen autonomen Fahrzeugen beginnt mit der Integration und Verschmelzung verschiedener Sensorinformationen, wie Kameras, IMUs, Radar und Lidar. Besonders Lidar steht – beflügelt durch sinkende Baugröße und Kosten – zurzeit im Fokus der Automobilindustrie. Ein typisches Lidar-Design umfasst die Datenerfassung, ein analoges Frontend und die Laserquelle. Seine Leistungsfähigkeit hängt jedoch maßgeblich vom Transimpedanzverstärker des Frontends ab, der in der Lage sein muss, das APD-Signal schnell und zuverlässig aufzubereiten.

Autor

Rolf Horn | Applikationsingenieur bei Digi-Key Electronics

Titelbild:  iStock.com/Yuriy Bucharskiy

Quelle: www.digikey.de

Bilder: Analog Devices



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